Samstag, 29. Dezember 2012

Russland verbietet Adoptionen durch amerikanische Familien

Am 28. Dezember 2012 hat Präsident Vladimir Putin hat das Bundesgesetz Nr. 186614-6 unterzeichnet, das ab dem ersten Januar 2013 Adoptionen von amerikanischen Familien verbietet. Das amerikanische Außenministerium bemüht sich bereits vermittelte Adoptionen noch durchzuführen. Danach werden jedoch keine weiteren Adoptionen durchgeführt.

Sieht man mal von den außenpolitischen Drohgebärden ab, die Auslöser für das Gesetz waren, kann man an dem Beispiel eine Reihe von ethischen und rechtlichen Fragen klären. Dazu gehören:
  1. Natürlich hat die russische Regierung das Recht internationale Adoptionen zu verbieten. Dieses dürfte auch nicht gegen die UN-Konvention über die Rechte des Kindes verstoßen, wie z.B. Human Rights Watch in einer Presseerklärung unterstellt. Die UN Konvention nennt internationale Adoptionen als eines von vielen Mitteln zur Sorge elternloser Kinder. Daraus ergibt sich jedoch kein Recht auf Adoption für das Kind.
  2. Dem Verbot ging ein bilaterales Abkommen zwischen Russland und den USA voraus, in dem insbesondere Privatadoptionen verboten, Vermittlungsstellen stärker beaufsichtigt und die Rechte der russischen Behörden im Fall von Misshandlungen von Kindern und gescheiterten Adoptionen gestärkt werden sollten. Es gibt auf russischer Seite den Verdacht, dass die Misshandlung russischer Kinder weniger stark strafrechtlich verfolgt wird als die Misshandlung amerikanischer leiblicher Kinder. Ob dieser Vorwurf zutrifft, ist nicht zu klären. Bei den bekannten Skandalfällen, in denen Kinder zu Tode kamen, bzw. alleine nach Russland geschickt wurden, wurden die verantwortlichen Adoptiveltern strafrechtlich nicht belangt bzw. nicht bestraft. Sollte der Verdacht zutreffen, wäre dies ein veritabler Justizskandal.
  3. Russische Behörden stören sich schon länger an dem Verhalten amerikanischer Vermittlungsstellen, die nicht nur hohe Gebühren für eine Adoption verlangen, die in Russland kostenfrei ist, sondern auch im Internet Fotos von russischen Kindern veröffentlichen, für die sie unaufgefordert Adoptiveltern suchen. Dieses verstößt gegen das Persönlichkeitsrecht der Kinder.   
Adoptionen aus Russland sind im Vergleich zu China und Äthiopien weniger von Korruption auf der russischen Seite geplagt. Problematisch ist vielmehr das Ausmass von Behinderungen durch FAS sowie die Traumatisierung der Kinder, die zu der überproportional hohen Zahl von gescheiterten Adoption aber auch zu Misshandlungen führen. Für viele russische Kinder ist eine Adoption in die USA tatsächlich ein Glücksfall, da sie dort besser gefördert werden können. Gleichzeitig sind viele Adoptiveltern überfordert.

Dass die russische Regierung so harsch auf internationale Adoptionen reagierte hat, daher auch mit  den Vermittlungsstellen zu tun, die die Adoptiveltern nicht über den Gesundheitsszustand der Kinder aufklären und sich nicht an die Regeln halten. Ob deren Geschäftspraktiken sich durch das Verbot ändern, ist jedoch fraglich. Sie werden sich jetzt wohl noch stärker auf afrikanische Länder konzentrieren.

Allerdings sollte man sich auch nicht der Illusion hingeben, dass die russische Regierung mit diesen Maßnahmen wirklich das Interesse der Kinder im Sinn hat. Russland hat eine große Zahl von Kindern, die in Heimen untergebracht sind. Alkoholismus, schwierige wirtschaftliche Bedingungen und schlechte Standards der Heimunterbringung hat viele Kinder einen schweren Start in ihr Leben beschert. Zudem ist ein Teil der neuen Gesetze gegen Menschenrechtsorganisationen gerichtet. NGOs mit Finanzierung aus den USA werden ebenso verboten wie Adoptionen. Für die russische Zivilgesellschaft ist dies eine alarmierende Entwicklung.  

Donnerstag, 20. Dezember 2012

Kontroverse über Adoptionen aus Russland in die USA

Am morgigen Freitag, den 21. Dezember wird die russische Duma über ein Gesetz entscheiden, das Adoptionen aus Russland in die USA verbieten soll. Das Gesetz mit dem Namen Dima Yakovlev Gesetz ist eine Reaktion auf das sogenannte Magnitsky Gesetz, das US-Präsident Barack Obama letzte Woche unterschrieben hat. Dieses Gesetz verbietet russischen Beamten, die verdächtigt werden an dem Tod des russischen Hedgefundangestellten Sergei Magnitsky beteiligt zu sein, die Einreise in die USA.

Das Dima Yakovlev Gesetz ist offensichtlich außenpolitisch motiviert und nicht primär am Kindesinteresse russischer Adoptivkinder orientiert. Es nimmt dabei Bezug auf eine bereits seit längerem schwelende Kritik aus Russland an dem Schicksal russischer Adoptivkinder in den USA. Russland gehört mit China und Äthiopien zu den wichtigsten Herkunftsländern für adoptierte Kinder in den USA. In den letzten zwanzig Jahren wurden ca. 60.000 Kinder aus Russland in die USA adoptiert. Davon sind zwischen 19 und 29 Kinder zu Tode gekommen (die Angaben variieren je nach Quelle). Ein kontroverser Fall war Dima Yakovlev, ein zweijähriger Junge, der von seinem Adoptivvater im Auto vergessen wurde und starb. Ein weiterer Fall ist der von Artyom Savelyev, der als Siebenjähriger von seiner Adoptivmutter alleine nach Russland zurückgeschickt wurde, weil sie mit ihm nicht zurecht kam. Hinzu kommt die steigende Zahl der gescheiterten Adoptionen von russischen Kindern in den USA. Es gibt eine Einrichtung in Montana, die sich auf schwierige Kinder aus Russland spezialisiert hat und deren Existenz vom Ombudsmann für die Rechte von Kindern, Pavel Astakhov, stark kritisiert wurde.   

Während daher amerikanische Adoptiveltern in Russland in der Kritik stehen, gibt es zugleich auch Kritik an einem Verbot von Adoptionen in die USA. Der Außenminister Sergei Lavrov sprach sich laut Financial Times gegen ein Verbot und für eine verbesserte Praxis aus. Auch die Zivilkammer Russlands, die aus Experten besteht, äußerte sich kritisch. Sie monierte insbesondere den Umgang mit der Zahl der genannten Todesfälle. Den 19 bis 29 verstorbenen russischen Kindern in den USA stehen nach Angaben der Financial Times 1500 Todesfälle adoptierter Kinder von russischen Adoptiveltern gegenüber.   

Dienstag, 11. Dezember 2012

Reuniting children with their families - UNICEF

In Ethiopia, placing institutions and adoption practices under scrutiny - and reuniting children with their families

By Indrias Getachew

JARE HINESSA, Ethiopia, 10 December 2012

Emotions run high when baby Meseret comes home. It’s been 14 months since she was placed in an orphanage by her father, a single parent who had hoped that she would be adopted and raised abroad.

UNICEF correspondent Margaret Murphy reports on a programme that is reuniting Ethiopian children with their families.

“I gave her up to an orphanage because she was so young when her mother died,” says Meseret’s father Thomas Hatito. Mr. Hatito’s wife passed away in childbirth, and he was faced with raising Meseret in addition to his seven other children, on his own. “I gave her away so that she could grow up and get a better education than is available here.” Meseret was 6 days old when Mr. Hatito handed her over to the orphanage. Rising international adoptions, rising concerns In recent years, Ethiopia has become one of the most popular countries for international adoptions. More than 4,500 children were placed in inter-country adoption in 2009, double the number of children in 2006. According to the Ministry of Women, Children and Youth Affairs, the rapid increase in inter-country adoptions has spawned a proliferation of child care institutions. However, 45 per cent of these institutions were found to be operating without a valid license.

  Meseret has been reunified with her family 14 months after she was given up for adoption following the death of her mother during childbirth. Here, one month after reunification, she plays with her older sister. Concerns about methods – and facilities Rising demand for Ethiopian children and the lack of adequate mechanisms to ensure compliance with procedures meant to protect their best interests have led to concerns about methods used by adoption agencies and child care institutions. “[Parents] were being told, ‘if your child goes abroad, you will get all types of rewards, you will get more money,’” says Project Officer at the Southern Nations, Nationalities, and People’s Region (SNNPR) Bureau of Women, Children and Youth Affairs Yeshimebet Yirga. Increasing reports of abuse have prompted action by the Government of Ethiopia to address the issue.

In 2010, two assessments of institutional child care were conducted. The assessments looked at child care institutions in five regions, including SNNPR. “There are standards that any organization which raises children needs to meet,” says officer in charge of promoting child rights and protection with the SNNPR Bureau of Women, Children and Youth Affairs Ashenefech Admassu. “But, when many of them were reviewed, it became clear that they were not seeking the best interests of the children, but their own private benefit.”

When Meseret was returned to her village, she was welcomed by her family and members of the village. Here, she is held in the arms of the nanny who brought her home from the orphanage where she spent 14 months. Standing behind them is her father, Thomas Hatito, and next to them is her grandmother. Reuniting families The orphanage that had taken Meseret was among those deemed unfit to continue operating. Meseret and the other children who lived there were placed with caretakers while the process of family reunification began. Ms. Yirga and the rest of the team from the SNNPR Bureau of Women, Children and Youth Affairs were trained with the support of UNICEF to provide care for the children and reunite them with their families. “After convincing the families, we don’t just give the children back empty-handed,” she says. “We prepare a package that we believe a returning child will need, and that will reduce the burden on the family.” Meseret’s family received clothing and household items and a cash grant to ease their financial pressures.

The programme also helps families to set up projects that generate income. Ms. Yirga and her team accompanied Meseret and her nanny from the caretaker institution to Jare Hinessa village. Neighbours and community leaders turned out in large numbers to welcome Meseret home. Reaching as many children as possible According to the Central Statistic, 3.8 million orphans lost one or both parents to AIDS-related causes in 2009. It is likely that some 10,000 such children live under institutional care. “UNICEF is working with the federal and regional authorities to come up with a range of family-based options for children without parental care,” says UNICEF Ethiopia Communication Manager Alexandra Westerbeek. “We all agree that institutions are not the solution for children, and what they need is a family environment.”

Samstag, 8. Dezember 2012

Interview mit Katrine Rijs Kjaer über Mercy, Mercy

Auf youtube findet sich nun auch ein Interview mit der Filmemacherin Katrine Rijs Kjaer über Mercy, Mercy. Herzzerreissend und erschütternd.


 

Freitag, 7. Dezember 2012

Intercountry adoption: reinforcing legislation to ensure that the child’s best interests are upheld


Am 30. November 2012 verabschiedete die parlamentarische Versammlung des Europarates eine Resolution, in der sie die Mitgliedsstaaten auffordert ihre Regulierung von Internationalen Adoptionen zu verstärken.  In einigen Fällen würden die Menschenrechte von Kindern eindeutig verletzt, wenn Kinder durch Entführungen und Menschenhandel, aber auch durch Dokumentenfälschungen und Druck auf die leiblichen Eltern in die Adoption überführt wurden.
Die Resolution beruht auf Vorschlägen der Berichterstatterin Marlene Rupprecht. In ihrem Bericht dringt sie darauf, in allen Ländern eine zentrale Behörde zur Aufsicht von Vermittlungsstellen zu errichten. International adoptierte Kinder sollten vor, während und nach der Adoption einer besonderen Aufsicht unterliegen. Die Mitgliedsländer sollten sicherstellen, dass das Thema auch im Kontext der Strategie zur Sicherung der Rechte der Kinder (2012-2015) berücksichtigt wird.

Der Bericht an sich beinhaltet wenig Neues. Die Problematik wird in groben Zügen korrekt aber eher impressionistisch wiedergegeben. Um das Problem der Rechtmäßigkeit von Privatadoptionen mogelt sich der Bericht eher herum. 

Da es sich um ein grenzüberschreitendes Problem handelt, bei dem viele Mitgliedsländer des Europarates sowohl als Empfänger- wie auch Senderländer beteiligt sind, sollte man überlegen, inwieweit der Europarat selbst nicht ein geeignetes Organ zur Überwachung Internationaler Adoptionen sein kann. Insbesondere könnte eine Ombudsstelle zur Klärung von Beschwerden und der Verifizierung von Tatsachenberichten hilfreich sein. Ein unethisches Adoptionsverfahren ist eine Menschenrechtsverletzung, die klarer definiert und sanktioniert sein müsste, um wirksam bekämpft zu werden.   
 
 
 

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Mercy, mercy on youtube

Ethiopia - Adoption goes wrong: A touching story of two Ethiopians adopted by a family from Denmark



 

Mittwoch, 5. Dezember 2012

Petition "Stoppt Racial Profiling"

Der Autor der Petition Carla Smith hat Ihnen eine neue Nachricht zu dieser Petition hinterlassen:

Betreff: Der Empfang der Petition wurde bestätigt

Liebe Erstunterzeichner_innen,

Leider muss ich mich noch mal an euch wenden und euch bitten, wenn nicht bereist geschehen, die neue Petition gegen racial profiling zu zeichnen.
Wir haben erst knapp über 7000 Stmmen und benötigen jede Unterschrift.
Zum ersten mal in der Geschichte der ISD und der jüngeren Schwarzen Bewegung haben wir die Chance in einem Parlament Gehör zu finden mit unserem Anliegen und auf gesetzliche Bestimmungen Einfluss zu nehmen.
Bitte verbreitete also diesen Aufruf und informiert möglichst viele Menschen.

Wir möchten um Ihre Unterstützung bitten. Die Petition zu „Racial/Ethnic Profiling“ ist online. Mit seiner Entscheidung vom 29. Oktober 2012 hat das Oberverwaltungsgericht in Koblenz diese Praxis für rechtswidrig erklärt und damit den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes gewürdigt. Jetzt fordern die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) und das Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung (BUG) politische Schritte in einer Petition, die sich an den Bundestag richtet. (www.stoppt-racial-profiling.de)

Hier geht es zur Bundestagsseite zum direkt Unterschreiben:
https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2012/_11/_07/Petition_37656.nc.html

Die Petition „Stoppt Racial Profiling“ kann noch bis zum 18.12 unterschrieben werden. Wir würden uns freuen, wenn Sie den angehängten Text redaktionell auf Ihrer Seite veröffentlichen würden. Gerne können sie auch das Logo nutzen. Ein Foto von der Übergabe von Unterschriften an Mitglieder des Petitionsausschusses finden Sie anbei.

Da jede Unterschrift zählt, bitten wir Sie auch die Info zur Petition über Ihren Verteiler weiterzuleiten und Ihre Medienpräsenz zu nutzen, um Aufmerksamkeit auf die Problematik zu lenken. Es werden mindestens 50.000 Unterschriften benötigt, damit der Petitionsausschuss des Bundestages öffentlich berät und vorgesprochen werden kann. Lassen Sie uns dies gemeinsam schaffen.
Für mehr Informationen über geplante Aktionen rund um die Kampagne und Hinweise auf Möglichkeiten die Aktivitäten zu unterstützen, wenden Sie sich bitte an das BUG oder die ISD.

Herzlichen Dank für die Unterstützung
Bündnis gegen racial profiling

www.stoppt-racial-profiling.de

Sonntag, 2. Dezember 2012

David Smolin: Externe Verifizierung notwendig

Im Kontext des Dokumentarfilms Mercy, Mercy hat der dänische Radiosender Radio24syv ein aufschlussreiches Interview mit David Smolin ausgestrahlt.

Darin plädiert er für einen systematischen Ansatz bei der Beurteilung internationaler Adoptionen. In einigen Ländern gibt es weitverbreiteten Missbrauch des Adoptionssystem durch finanzielle Anreize für kriminelle Praktiken. Dazu gehören Kambodscha, Nepal und Äthiopien.

Weiter führt David Smolin aus: Die Haager Konvention ist ein richtiger Schritt zur Regulierung internationaler Adoptionen. Allerdings gehen gerade europäische Regierungen häufig fahrlässig mit der Implementierung um, weil sie die Dokumente der Senderländer fraglos akzeptieren. Europäische Behörden verstecken sich oft hinter der Haager Konvention und überprüfen nicht den Status der Kinder, die zu ihnen kommen. Wenn es in der Öffentlichkeit bekannt ist, dass es systematische Probleme mit Korruption und Dokumentenfälschungen in einigen Ländern gibt, dann dürfen europäische Behörden sich nicht auf diese Dokmente verlassen sondern müssen selbst die Verantwortung für die Adoptionen aus diesen Ländern übernehmen. Europäische Regierungen müssen sicherstellen, dass die adoptierten Kinder tatsächlich adoptierbar sind. Wenn sie dazu selbst nicht in der Lage sind, müssen sie externe Experten damit beauftragen. Nichts erspart den westlichen Behörden die eigene Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieser Adoptionen. Wenn er - David Smolin - als unabhängiger Experte in der Lage ist, die Situation in einzelnen Ländern einzuschätzen, dann ist es gerade zu lächerlich zu sehen, wie Regierungen angeblich immer wieder von Korruptionsvorwürfen und Skandalen überrascht werden.

Man muss zur Ehrenrettung deutscher Gerichte sagen, dass diese im Fall von Adoptionen aus Ländern, die die Haager Konvention nicht ratifiziert haben, die Adoptionen nach deutschen Maßstäben überprüfen. Allerdings erfolgt diese Prüfung viel zu spät, nämlich lange nachdem die Adoption vollzogen wurde, und es erfolgt keine Überprüfung der Tatsachen sondern nur der Papierlage. Ob die Papiere mit den Tatsachen übereinstimmen, prüft dabei niemand, obwohl Urkundenfälschung wohl der häufigste Fall von illegalen Praktiken sein dürfte. Für Deutschland bedeutet dies ein klarer Auftrag an das Bundesjustizamt in Äthiopien selbst tätig zu werden und sicher zu stellen, dass die Adoptionen rechtmäßig sind. Das kann man nicht den Vermittlungsstellen alleine überlassen, insbesondere dann nicht, wenn sie ein finanzielles Interesse an dem Zustandekommen der Adoption haben.
 

Samstag, 1. Dezember 2012

Denn sie wissen nicht, was sie tun

Adoptionen sind ein tiefer Eingriff in das Leben eines Kindes und der Familien. Dieser Eingriff bedarf einer besonders guten Vorbereitung, einer Begründung und großer Professionalität der Beteiligten. Wer sich länger mit Internationalen Adoptionen beschäftigt, weiß, dass alle diese Faktoren nicht zutreffen. 

Die Geschichte, die dem Dokumentarfilm Mercy, Mercy zugrunde liegt, illustriert das Dilemma und das Fehlverhalten auf verschiedenen Ebenen. Kein Sozialarbeiter in einem entwickelten Land, auch nicht in Dänemark, käme auf die Idee eine Adoption von Kindern in einer intakten Familie anzuregen oder gar zu erlauben, weil die Eltern HIV infiziert sind. Die Kinder würden in der Familie verbleiben, bis es nicht anders geht oder die Eltern wirklich versterben. Wären die Kinder dann im Heim und keine Angehörigen in der Nähe, könnte man über Adoptionen nachdenken. Warum gilt das, was in Europa selbstverständlich ist, in Afrika nicht? Warum kann eine dänische Adoptionsvermittlungsstelle andere Maßstäbe in internationalen Adoptionen anlegen als in dänischen?

Es ist im Übrigen bei Adoptionen aus Äthiopien gang und gäbe, dass die Kinder nicht Waisen sind sondern noch ein Elternteil, meistens Mütter, haben, die einfach zu arm und manchmal auch zu krank sind, um viele Kinder zu versorgen. Dass zwischen den Müttern und den adoptierten Kindern eine Beziehung besteht, die auch durch Gerichtsbeschluss nicht einfach aufgehoben wird, wird sowohl von Vermittlungsstellen als auch von Adoptiveltern oftmals ignoriert und verursacht viel Leid auf beiden Seiten. Manchmal lehnen die Kinder einen Kontakt zur leiblichen Mutter oder Familie lange Zeit ab. Manchmal hilft es ihnen aber auch, um mit der Situation umzugehen, weil sie sich um die Mutter und zurückbleibende Geschwister sorgen. Manchmal gab es Konflikte in der Familie, die nicht aufgearbeitet sind. Die Vermittlungsstellen wie auch viele Adoptiveltern sind auf dieses Problem viel zu wenig eingestellt. (Es gibt dazu unterschiedliche Praktiken der Vermittlungsstellen, die wir auf Anfrage gerne genauer erläutern.)

Darüber hinaus ist die gesamte Diskussion über Adoptionen und deren Erfolgsbedingungen mehr von Mythen und Ideologien bestimmt als von wirklichen Erkenntnissen, was gut für Kinder ist. Die Forschungslage ist erschreckend dünn und die Praxis ist in der Regel handgestrickt. Einige Beispiele: das Alter zum Zeitpunkt ist nicht entscheidend für das Gelingen einer Adoptivfamilie. Entscheidend ist die Traumatisierung des Kindes. Ein älteres Kind kann bereits mehr Leid erlebt haben und damit die neue Adoptivfamilie mehr belasten. Aber auch kleinste Kinder können durch Hungererfahrung schwerstens traumatisiert sein. Ein anderes Beispiel: angehenden Adoptiveltern wird nur wenig Vorbereitung für ihre Aufgabe zugemutet. Insbesondere gilt das Motto: Eltern sollen Eltern sein und keine Therapeuten. Das wird ihrer neuen Rolle nicht gerecht. Adoptiveltern müssen eine Vorbildung im Umgang mit Trauma und Bindungsverlust haben, um auf die Signale der Kinder richtig reagieren zu können. Und zwar nicht erst dann wenn die Krise eingetreten ist. Angehende Pflegeeltern müssen mehrere Seminare absolvieren, um sich für ihre neue Rolle zu qualifizieren. Bei Adoptiveltern reicht ein Tagesseminar.

Adoptionskritiker sprechen gerne von der Adoptionsindustrie und der starken Nachfrage nach Babys, um die Missstände zu beschreiben. Um im Bild zu bleiben: viele Probleme mit internationalen Adoptionen haben in der Tat mit dem Geschäftsmodell zu tun. Eine bessere Kontrolle der Praktiken im Land und eine intensivere Vorbereitung von Adoptiveltern kostet Geld und schreckt vielleicht auch Bewerber ab. Der Mythos, dass in Afrika kleine Kinder in Waisenhäusern auf gutwillige Eltern warten, reduziert die Erwartungen bei Eltern wie Behörden, dass auch bei solchen Adoptionen strenge Kriterien angelegt werden müssen. In vieler Hinsicht handeln wir noch heute so wie Mitte der achtziger Jahre, als die Hungersnot in Äthiopien den Startschuss für Adoptionen aus Afrika gegeben hat und Menschen aus reichen Ländern genuin Kinder retten wollten. Seitdem ist jedoch mehr als ein Vierteljahrhundert vergangen. Es wird Zeit, die Praxis zu überprüfen und heutigen Standards anzupassen.

Donnerstag, 29. November 2012

Mercy, Mercy

Im dänischen Fernsehen wurde dieser Tage ein ungewöhnlicher Dokumentarfilm über eine gescheiterte Adoption aus Äthiopien ausgestrahlt, der im Land eine hitzige Diskussion entfachte. Mittlerweile haben die Adoptiveltern Polizeischutz beantragt.

"Mercy Mercy" erzählt eine wahre Geschichte einer Adoption von beiden Seiten, der äthiopischen und der dänischen Familie. Die Filmemacherin folgt den Familien über mehr als drei Jahre und stellt fest, dass für beiden Seiten die Adoption scheitert. Die leiblichen Eltern in Äthiopien sind mit dem HIV Virus infiziert und beschließen ihre Kinder abzugeben. Sie leiden in den folgenden Jahren unter ihrer Entscheidung, teils weil es ihnen gesundheitlich ganz gut geht, teils weil sie keine Nachrichten von ihren Kindern erhalten. Die dänischen Adoptiveltern sind mit dem älteren Mädchen überfordert und geben es in ein Heim. Die Ironie der Geschichte ist, dass das adoptierte Kind viel unnötiges Leid erleben musste und letztlich ein Schicksal erfuhr, vor dem es seine leiblichen Eltern bewahren wollten. Der Filmemacherin geht es darum zu zeigen, dass ein Teil der Adoptionsindustrie kommerzielle Interessen über menschliche Bedürfnisse stellt und unschuldige Kinder Opfer eines absurden Marktmechanismus werden.

Wenn man den bislang spärlichen Berichten über den Film folgt, dann sind die Kinder unmittelbar aus der leiblichen Familie in die Adoption überführt worden. Warum sie zu dem Zeitpunkt adoptionsbedürftig waren, dürfte heftig umstritten sein. Tatsache ist, dass viele äthiopische Adoptivkinder Halbwaisen sind und zumindest ein Elternteil haben, bei dem sie aufwachsen könnten. Den Eltern fehlt es in der Regel an Unterstützung. Eine Aidsinfizierung ist schon lange kein Todesurteil mehr und das Auseinanderreißen einer intakten Familie aufgrund einer Diagnose ist der eigentliche Skandal.

Der Skandal in Dänemark basiert jedoch auf dem Scheitern der Adoptivfamilie. Die Adoptiveltern kommen mit dem älteren Mädchen nicht zurecht. In einem Filmausschnitt sieht man, wie das weinende Mädchen sich an die Adoptivmutter schmiegt, die ihm mit versteinerten Gesicht die Tränen trocknet. Nach einem Zeitungsbericht bereuen die Eltern die Film nicht, weil sie so anderen Familien helfen würden. Sie fühlten sich mit ihren Problemen alleine gelassen.

Die Wut der dänischen Bevölkerung auf die Eltern ist nachvollziehbar. Erst adoptieren sie zwei Kinder aus einem fernen Land, die nicht wirklich eine neue Familie brauchten. Dann stellen sie sich auf die Traumatisierung ihres Kindes nicht ein sondern geben nach ein paar Jahren auf. Mit der zweiten Traumatisierung des älteren Kindes geht ein weiterer Schock für das jüngere Kind einher, das seine Schwester verliert. Und dann breiten sie das Ganze noch vor einer Kamera aus. Auch wenn die Abgabe des Kindes in bestimmten Konstellationen die einzige und damit beste Alternative sein kann, ist es mehr als naiv für die Veröffentlichung ihrer Geschichte Verständnis zu erwarten. Wie kann eine Familie im Überlebenskampf noch Zeit oder Energie für ein Kamerateam aufbringen?

Der Film kann potenziell eine wichtige Rolle in der Diskussion über die Probleme Internationaler Adoption spielen. Er legt den Finger gleich in mehrere Wunden: in die fehlende und mangelhafte Prüfung der Adoptionsbedürftigkeit vieler Kinder, in die Verharmlosung von Traumatisierung verlassener und abgegebener Kinder und die falschen Vorstellungen zukünftiger Adoptiveltern über ihre neue Familie. Ein mutiges Thema und ein potenziell wichtiger Film.*

* Ich habe den Film selbst nicht gesehen und kann daher nicht beurteilen, ob es auch ein guter Film ist. Alle Angaben beruhen auf Zeitungsberichten zum Film. 

Dienstag, 27. November 2012

Aufruf von AVAAZ: Gegen die Todestrafe für Homosexuelle in Uganda

Liebe Freundinnen und Freunde,

Das ugandische Parlament ist dabei ein brutales Gesetz zu 
verabschieden, das Homosexualität mit dem Tod bestrafen könnte. Wenn 

Sie dies tun, könnte Tausenden von Ugandern die Hinrichtung drohen -- 
einfach nur, weil sie homosexuell sind.

Wir haben schon einmal dabei geholfen, dieses Gesetz zu verhindern, 
und wir können es wieder tun. Nach einem massiven globalen Aufschrei 
im vergangenen Jahr hat der ugandische Präsident Museveni den 
Gesetzesfortschritt blockiert. Doch aufgrund der zunehmenden 
politischen Unruhen in Uganda hoffen religiöse Extremisten im 
Parlament, dass das Durcheinander und die Gewalt auf den Straßen die 
internationale Gemeinschaft von einem zweiten Versuch, dieses 
hasserfüllte Gesetz zu verabschieden, ablenken werden. Wir können 
ihnen zeigen, dass die Welt immer noch zuschaut.

Wir haben keine Zeit zu verlieren. Lassen Sie uns in den nächsten 24 
Stunden 1 Million Stimmen gegen das ugandische Gesetz zur Todesstrafe 
für Homosexuelle sammeln -- wir werden sie an die Führung Ugandas und 
wichtige Länder mit Einfluss übergeben. Klicken Sie hier, um 
mitzumachen und leiten Sie diese E-Mail an alle weiter, die Sie kennen:

http://www.avaaz.org/de/uganda_stop_gay_death_law/?bdxVPbb&v=19480

In Uganda homosexuell zu sein ist jetzt schon gefährlich und 
furchterregend. Homosexuelle in Uganda werden regelmäßig belästigt und 
zusammengeschlagen, und vor wenigen Monaten ist der 
Homosexuellenaktivist David Kato (oben abgebildet), in seinem eigenen 
Haus brutal ermordet worden. Nun sind sie noch stärker von diesem 
drakonischen Gesetz bedroht, welches Menschen in 
gleichgeschlechtlichen Beziehungen mit lebenslanger Haft bestrafen 
könnte und ausserdem die Todesstrafe für "Serientäter" vorschreibt. 
Selbst Nichtregierungsorganisationen, die sich gegen die Verbreitung 
von HIV einsetzen, können unter diesem hasserfüllten Gesetz wegen 
"Förderung von Homosexualität" inhaftiert werden.

Im Moment herrschen in Uganda politische Unruhen -- das Parlament ist 
aufgrund fehlender Millionen von Hilfsgeldern in einen Skandal 
verwickelt. Diese Unruhen bieten religiösen Extremisten im Parlament 
eine ideale Gelegenheit, den zurückgestellte 
Anti-Homosexuellen-Gesetzesentwurf wieder hervorzuholen, und es als 
"Weihnachtsgeschenk" für Ugander zu verkaufen.

Präsident Museveni ist zuvor bereits von diesem Gesetzesentwurf 
abgerückt, nachdem internationale Druckausübung die Unterstützung für 
Uganda bedrohte. Lassen Sie uns eine millionenstarke Petition ins 
Leben rufen, um das Gesetz zur Todesstrafe für Homosexuelle noch 
einmal aufzuhalten und Menschenleben zu retten. Wir haben nur wenige 
Stunden -- unterzeichnen Sie jetzt und erzählen Sie Freunden und 
Familie davon:

http://www.avaaz.org/de/uganda_stop_gay_death_law/?bdxVPbb&v=19480

Letztes Mal wurde unsere weltweite Petition gegen die Todesstrafe für 
Homosexuelle dem Parlament überreicht und hat in den Nachrichten genug 

Druck ausgeübt, um das Gesetz monatelang zu blockieren. Als eine 
Boulevardzeitung 100 Namen, Photos und Adressen von verdächtigten 
Homosexuellen veröffentlichte, unterstützte Avaaz daraufhin einen 
Gerichtsprozess gegen die Zeitung und gewann! Gemeinsam sind wir immer 
wieder für die Homosexuellen in Uganda eingetreten -- nun brauchen sie 

uns mehr denn je.

Hoffnungsvoll und entschlossen,

Emma, Iain, Alice, Morgan, Brianna und der Rest des Avaaz Teams


SOURCES:

Afrikas Homosexuelle im Visier
http://www.nachhaltigkeit.org/201105056606/mensch-gesellschaft/hintergrund/afrikas-homosexuelle-im-visier

Homosexueller Aktivist in Uganda ermordet
http://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-homosexueller-aktivist-in-uganda-ermordet-1.1051883

Zeitung in Uganda outet Schwule
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,726573,00.htmlAvaaz.org ist 
ein 16 Millionen Menschen umfassendes, weltweites Kampagnennetzwerk, 
das sich zum Ziel gesetzt hat, den Einfluss der Ansichten und 
Wertvorstellungen aller Menschen, auf wichtige globale Entscheidungen 
durchzusetzen. ("Avaaz" bedeutet "Stimme" oder "Lied" in vielen 
Sprachen.) Avaaz Mitglieder gibt es in jedem Land der Erde; unser Team 
verteilt sich über 13 Länder und 4 Kontinente und arbeitet in 14 
verschiedenen Sprachen.Die Nachricht wurde an ug@bateau-ivre.de 
versandt. Um Ihre Adresse, Spracheinstellungen oder andere 
Informationen zu ändern, schreiben Sie uns auf info [@]t avaaz.org
Falls Sie diese Nachricht irrtümlicherweise erhalten haben oder es 
vorziehen, keine E-Mails von Avaaz zu erhalten, klicken Sie hier, um 
sich auszutragen:
https://secure.avaaz.org/act/?r=unsub&cl=2205641724&email=ug@bateau-ivre.de&b=2031&v=19480&lang=deUm Avaaz zu kontaktieren, antworten Sie bitte nicht auf diese E-Mail. Benutzen Sie stattdessen das Formular unter http://www.avaaz.org/de/contact. Sie erreichen uns telefonisch unter: +1 1-888-922-8229 
(USA).

Montag, 19. November 2012

Nicht lustig

Der 19.November ist von den Vereinten Nationen zum Welttoilettentag erklärt worden. Dass in vielen Ländern der Zugang zu Trink- und sauberem Brauchwasser ein Problem bedeutet, hat sich inzwischen wohl herumgesprochen. Dass z.B. in Äthiopien die Versorgung mit sanitären Anlagen, die diesen Namen auch verdienen, häufig mangelhaft ist, wissen nur wenige.
Nach Auskunft der Wasserstiftung e.V. gäbe es in Äthiopien eigentlich in den meisten Regionen genug brauchbares Wasser - aber das Grundwasser ist oft durch menschliche Fäkalien verunreinigt. Ein Thema, über das man dort nicht gern spricht. Und hier ist man geneigt, über einen Welttoilettentag Witze zu machen. Besser wäre es einmal mehr, wirklich hinzuschauen - auch dahin, wo es stinkt.

Samstag, 17. November 2012

Adoptierte aus Äthiopien berichten

In einem Bericht zur National Adoption Awareness Week berichten drei aus Äthiopien nach Australien adoptierte Erwachsene über ihre (positiven) Erfahrungen. Australien hat im Sommer beschlossen, das Adoptionsprogramm aufgrund von anhaltenden Unregelmäßigkeiten zu beenden. Die Adoptierten bedauern den Beschluss auch weil sie selbst gehofft hatten, Kinder aus Äthiopien adoptieren zu können.



Die heute 19jährige Kilkada wurde im Alter von 3 Jahren adoptiert. Ihre Mutter war damals erst 16 Jahre und viele ihrer Angehörigen waren schon an Aids gestorben. Kilkada glaubt, dass für sie die Adoption viele Vorteile hatte. Sie fühlt sich privilegiert für ein Leben, von dem sie in Äthiopien nicht hätte träumen können. Sie kann die Gründe der australischen Regierung für die Schließung des Adoptionsprogramms nicht verstehen.



 

Sonntag, 11. November 2012

Tritt Äthiopien der Haager Konvention bei?

Es mehren sich die Anzeichen, dass Äthiopien endlich dem  'Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Internationalen Adoption'  beitritt.
Darüber, warum dieser überfällige Schritt so lange gedauert hat, lässt sich nur spekulieren. Mit dem Beitritt zu einem völkerrechtlichen Vertrag geht ein Staat eine Selbstverpflichtung ein und gibt damit etwas von seiner Souveränität auf - vielleicht mag das einer der Gründe gewesen sein.

Die im vorigen Post aufgezählten Maßnahmen lassen vermuten, dass es diesmal ernst ist - und dass auch gleich daran gearbeitet wird, vertragliche Rechtsnorm und Rechtswirklichlickeit in Deckung zu bringen.

Also: hoffentlich nichts mit This is Africa (T.i.A., Blog v. 26.6.2011) - und das wäre wirklich zu begrüßen!

Samstag, 10. November 2012

Verschärfte Maßnahmen des äthiopischen Familienministeriums zur Bekämpfung von Missständen

Seitdem die Missstände in Adoptionsverfahren aus Äthiopien im Sommer 2009 bekannt wurden, gab es eine Reihe von Maßnahmen von Seiten der äthiopischen Regierung, um sie zu bekämpfen. In den letzten Wochen wurden weitere Schritte bekannt. Sie betreffen insbesondere die Sicherstellung des Kindeswohls nach der Vermittlung.

Zum einen verlängerte das äthiopische Familienministerium den Zeitraum, für den Adoptivfamilien jährliche Entwicklungsberichte schreiben müssen. War es bislang bis zum 15. Lebensjahr, wurde der Zeitraum auf das vollenendete 18. Lebensjahr erweitert.

Zeitgleich wurden zwei amerikanischen Vermittlungsstellen, International Adoption Guides und Adoption Advocates International die Lizenz vorläufig entzogen. Beide Vermittlungsstellen hatten Kinder in Familien vermittelt, in denen die Kinder später misshandelt wurden. Es gab im Laufe des letzten und diesen Jahres mehrere Berichte über Kindermisshandlungen in amerikanischen Adoptivfamilien, die in zumindest einem Fall zum Tod des Kindes führten.

Drittens hat das Familienministerium angekündigt, Delegationen in die Empfängerländer zu senden, um die Arbeit der Vermittlungsstellen vor Ort zu überprüfen. In den USA hat dies schon dazu geführt, dass sich 19 Vermittlungsstellen zusammen geschlossen haben, um die Delegation auf ihre Kosten in die USA zu bringen. Sie hatten nach einem Bericht des Wall Street Journals beim Justizministerium angefragt, ob eine Kostenübernahme gegen die amerikanischen Antikorruptionsgesetze verstossen würden, die eine finanzielle Zuwendung an ausländische Behördenmitarbeiter im Kontext von Geschäftsinteressen verbieten. Während die Finanzierung der Reise vom amerikanischen Justizministerium genehmigt wurde, stellt sich die Frage der Korruptionsanfälligkeit dieser Besuche natürlich dennoch. Vermittlungsstellen haben ein großes Interesse daran, es der Delegation während ihrer Dienstreise besonders gut gehen zu lassen, damit sie später bei der Verlängerung ihrer Lizenzen keine Probleme bekommen. Eine Übernahme der Kosten durch die Vermittlungsstellen ist daher keine gute Idee.

In diesem Kontext haben sich auch die Kosten für die Lizenzen von Vermittlungsstellen in diesem Jahr drastisch erhöht. Das äthiopische Familienministerium verlangt im Gegenzug für eine Lizenz eine Finanzierung von Schulprojekten. Die Finanzierung öffentlicher Aufgaben durch Vermittlungsstellen ist natürlich sehr problematisch, da auf beiden Seiten Abhängigkeiten entstehen: der äthiopische Staat macht sich in seiner Sozial- und Schulpolitik von den Zahlungen der Vermittlungsstellen abhängig und die Vermittlungsstellen kommen in die Gefahr für die Vermittlung von Kindern ein "Kopfgeld" bezahlen zu müssen. Auch das ist eine ungute Entwicklung und nicht im Sinne des Kindeswohls.

In jedem Fall werden Delegationen äthiopischer Behörden im nächsten Jahr auch nach Deutschland kommen. Sie werden ganz konkret auch Adoptivfamilien und adoptierte Kinder treffen wollen. Die Vermittlungsstellen müssen diese Treffen organisieren, um den Delegationen entgegen zu kommen. Man kann nur hoffen, dass bei diesen Treffen ein Dialog darüber entsteht, wie sich die Standards verbessern und Korruption eliminieren lässt, und nicht stattdessen die Delegationsreise als solche schon Bestandteil korrupter Praktiken sein wird.    

Freitag, 9. November 2012

Heinrich-Böll-Stiftung schließt Büro in Äthiopien

Der Kölner Stadtanzeiger berichtet, dass die Heinrich-Böll-Stifung sich zum Jahresende aus Äthiopien zurückzieht. Grund dafür sind die politischen Rahmenbedingungen und die sich verschärfende Gesetzeslage. Vorstandsmitglied Barbara Unmüßig erklärt: "Unser Auftrag, gemeinsam mit lokalen Partnern für Demokratie, Geschlechtergerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung einzutreten, ist nicht mehr erfüllbar.“
"Die Stiftung verwies auf die Einschränkung der Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit seit den umstrittenen Wahlen von 2005. Seit 2009 gilt in Äthiopien ein Gesetz, wonach nichtstaatliche Organisationen, die mehr als zehn Prozent ihrer Mittel aus dem Ausland erhalten, nicht in politisch heiklen Bereichen wie Menschenrechte, Frauenförderung oder Konflikte arbeiten dürfen.
Damit sei „ein neuer Höhepunkt der Einschränkung der Handlungsfreiheit der Zivilgesellschaft erreicht“worden, erklärte die Stiftung. Als weitere problematische Entwicklung nannte sie die massive Verfolgung von Journalisten und Oppositionspolitikern unter Berufung auf ein Anti-Terror-Gesetz.
„Die Auflösung der Präsenz der Stiftung in Äthiopien soll auch ein Zeichen des Protests gegen die fortschreitende Einschränkung von Bürgerrechten und demokratischer Entwicklung bedeuten“,erklärte Unmüßig. Seit dem Tod von Premierminister Meles Zenawi im August sei keine Neuausrichtung zu erkennen, die neue Regierung unter Hailemariam Desalegn habe sich zur Fortführung der von Meles geprägten Politik in allen Bereichen bekannt.
Niebel erklärte zu dem Rückzug aus Äthiopien, er bedauere die Entscheidung, respektiere sie aber auch. Die äthiopische Regierung habe trotz Meles' Zusage nicht die notwendigen Freiräume für die Zivilgesellschaft geschaffen. Er äußerte jedoch die Hoffnung, dass die Regierung unter dem neuen Premier darüber nachdenke und Taten folgen lasse. Bei seiner Äthiopien-Reise im Januar 2011 hatte Niebel von Meles nachdrücklich ungehinderte Arbeitsmöglichkeiten für die politischen Stiftungen gefordert. Unmüßig war damals Teil der Delegation.
Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung erwägt nach eigenen Angaben keinen Abzug aus Äthiopien. Die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung und die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung sind in Äthiopien nicht mit eigenen Büros vertreten. Das Büro der Böll-Stiftung in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba war im Januar 2006 eröffnet worden.

Mittwoch, 7. November 2012

Rassismus in Deutschland

Institutionalisierter Rassismus durch die Polizei und andere Behörden findet immer wieder statt und ist tiefer verankert, als wir glauben möchten.

Im Juli berichteten wir über die Kampagne gegen Racial Profiling durch die Polizei. In dem Fall hatte sich ein Reisender gegen gezielte Ausweiskontrollen der Polizei aufgrund seiner Hautfarbe gewehrt. Die Beamten hatten dabei zugegeben, insbesondere nichtweiße Reisende zu kontrollieren. Der Student hat mittlerweile die Anzeige wegen Beamtenbeleidigung in zweiter Instanz erfolgreich abwenden können.

Nun berichtet die Frankfurter Rundschau über einen Fall von fortgesetzter polizeilicher Gewalt gegenüber einen erwachsenen Adoptierten äthiopischer Herkunft. Die Geschichte ist atemberaubend und schockierend. Sie beginnt mit einer Fahrscheinkontrolle in der U-Bahn und endet mit einem Aufenthalt im Krankenhaus. Es ist Derege Wevelsiep hoch anzurechnen, dass er den Fall öffentlich macht und rechtlich gegen das Verhalten der Polizei wehrt.   

Montag, 5. November 2012

Offener Brief an diejenigen, die mit Adoptionen aus Äthiopien zu tun haben

Dina McQueen hat auf Huffington Post einen offenen Brief an die äthiopische Adoptionscommunity veröffentlicht. Er endet mit den harschen Worten, dass viele Adoptiveltern das führende Personal einiger Vermittlungsstellen gerne im Gefängnis sehen würden...

"I am an adoptive mother of one Ethiopian-born girl. I also am a writer with a passionate belief that in order for our planet to survive, all children, everywhere, need to be provided with the opportunity to go to school. In a utopian world, all children would remain with their families of origin and receive an education through college, if this was their desire. But the current state of the planet being what it is -- with commerce and acquisition taking priority over education and environmental protection -- often, especially in Africa and Asia, this means governments providing assistance for their country's children through international adoption.

I love my daughter. I love her birth country and the people of Ethiopia. I love my daughter's birth mother for possessing the courage and faith to trust that the baby she gave life to would have opportunities she could not provide, opportunities that would impart a level of health, safety, and education her child would need to thrive in this often very challenging world. Our daughter's first mother handed her infant to somebody who most likely promised her that the American couple who would become the baby's parents would be able to give her a better life.

The things that I discovered after the fact, so to speak, about our daughter's background are enough to make even the strongest woman crumble. Though other Ethiopian adoption "stories" I have heard are surely more heart breaking than ours, whenever a child is presented to potential future parents with assurance that they are being given all of the available "facts," only to find out weeks, months, or years after the adoption is final, that little of the truth was actually disclosed, well...

We used a small agency to assist us in the delivery of our daughter. I described our adoption process "ordeal" in my book, Finding Aster -- Our Ethiopian Adoption Story. (Names throughout the book were changed.) In the Epilogue, written August 2010, I predicted a little bit of what eventually happened with Ethiopian adoption procedures the following March, 2011. A mother's intuition, a journalist's inner eye, or whatever; I knew there was not a chance in this crazy world that we were the only ones to suffer from American adoption agencies not telling adoptive parents all that they knew, or could know with a little bit of leg work. Something in the system would surely have to change.

For a while, adoptions slowed to nearly a halt. Policies were given an overhaul. Unfortunately, this turned out to be for the better. Why unfortunately? One: because now children would remain institutionalized far longer than necessary; or, far longer than necessary if transparency, honesty, and the children's best interests were top priority. Two: because now adoption agencies would work even harder to hide what they knew, or could know, in order to quicken the process and promise potential adoptive parents unrealistic wait times. Money being a motivating factor in the business of international adoption, the children, it seems, often end up becoming a mere commodity, with no regard to the fallout of lying to one human being, about another human being's background, existence, and/or circumstances.

Though my words here may seem vague, in the end I write to share the truth. I write with the intention to bring light into dark places and hope where there may be despair. Many adoptive parents, birth parents, and adopted children, too many, really, have suffered as a result of various agencies lying about the adoptive children's social history. Everybody ends up losing this game of deceit that only one party agreed to play.

Many adoptive mothers of Ethiopian-born children "chat" in private online venues and express strong desires to see heads of adoption agencies imprisoned. We mothers continue to feel angry and saddened every time a new story further illustrates what sometimes transpires to get a child out of Africa."

Dienstag, 16. Oktober 2012

Spracherwerb von Adoptivkindern

Der Spracherwerb älterer Adoptivkinder ist eine wichtige Voraussetzung für eine gute Integration des Kindes in seine neue Umgebung und vor allem für den Schulerfolg. Nach unserer Erfahrung lernen Kinder die neue Sprache rasend schnell. Erstaunlich ist dabei, dass auch Kinder, die erst im Schulalter adoptiert werden, die neue Sprache im Handumdrehen lernen und ihre Muttersprache in dem gleichen Tempo verlieren. Sie sprechen zwar nach einigen Monaten nahezu perfekt deutsch, können aber kaum noch ein Wort in Amharisch.

Mittlerweile gibt es auch Studien zum Spracherwerb von internationalen Adoptierten, die sich mit der Frage nachgehen, ob der komplette Bruch mit der Muttersprache Voraussetzung für die erfolgreiche Aneignung einer neuen Sprache ist.

Manche Wissenschaftler gehen davon aus, dass adoptierte Kinder ihre Muttersprache komplett verlieren und dieser Verlust ihnen eine neue Muttersprache ermöglicht. Das neuronale Netzwerk, das der ersten Sprache unterliegt, wird sozusagen neu gestartet. Die Forscher haben festgestellt, dass auch Kinder, die schon eine erste Muttersprache vor der Adoption hatten, später keinerlei Erinnerung daran hatten. Es fällt ihnen auch nicht leichter, sie als Jugendliche wieder zu lernen. Nur die Aussprache gelingt ihnen oftmals besser.
 
Andere Wissenschaftler hingegen finden Spuren der Muttersprache bei älteren Adoptivkindern. In einem Artikel von schwedischen Linguisten wird argumentiert, dass der Verlust der Muttersprache nicht vollständig ist, und der Erwerb der neuen Sprache auch nicht durch den kompletten Verlust der Muttersprache gefördert wird. Beides - der Verlust der ersten Sprache und der Erwerb der neuen - hänge wesentlich vom Alter des Kindes bei der Adoption ab.

Einig scheint man sich in der Frage zu sein, dass die Pubertät ein wesentlicher Einschnitt im Prozess des Spracherwerbs ist. Nach der Pubertät ist sowohl die erste Sprache endgültig verankert wie auch jeder neue Spracherwerb schwieriger.  


Sonntag, 14. Oktober 2012

Sind Adoptivfamilien 'normal'?

Ein Interview der Pädagogin Irmela Wiemann in der Septemberausgabe des Familienmagazins Nido im Kontext eines Artikels, der recht kritisch über Auslandsadoptionen berichtete, hat eine heftige Reaktion von Adoptiveltern hervorgerufen. Insbesondere die Aussage von Frau Wiemann  
„Adoptivfamilien werden nie so sein wie normale Familien.“
wurde von den Betreibern der Seite adoptionsinfo.de stark kritisiert.
 
Sieht man von der Frage ab, was den "normale" Familien in der heutigen Zeit mit Patchworkfamilien, Stieffamilien, Alleinerziehende etc. noch ausmacht, trifft Frau Wiemann einen wichtigen Punkt, der in der Adoptionsdiskussion häufig vernachlässigt wird. Wir haben ihn in einem früheren Post bereits ausführlich dargestellt und empfehlen daher als Beitrag zur Debatte:
 
(K)eine normale Familie vom 02. Juli 2011.
 

Samstag, 13. Oktober 2012

So nah, so fern

Cath Turner, Korrespondentin von Aljazeera in New York, berichtet in einer sehr persönlichen Dokumentation über ihre eigene Geschichte. Sie war als Baby durch die Operation Babylift aus dem damaligen Saigon nach Australien gebracht worden und in eine liebevolle Familie adoptiert worden. Durch die Operation Babylift wurden über 3.000 vietnamesischen Kindern in westliche Länder gebracht.

Als Asiatin im weißen Australien fühlte sie sich als Außenseiterin und suchte an einem Ort, der für sie Heimat sein kann. Sie fand ihn in New York, wo sie nun als Journalistin lebt. Mit Mitte zwanzig machte sie sich auf die Suche nach ihrer Mutter in Vietnam. Es soll hier nicht verraten werden, ob die Suche gelingt. Der Film ist sehenswert und hat sehr berührende Momente.

Das gilt insbesondere
  • für den einfühlsamen Adoptivvater, der sich nicht sicher ist, ob die Adoption richtig oder falsch war.
  • für den zynischen CIA Beamten, der offen zugibt, dass die Operation Babylift kein humanitäres Unterfangen war, sondern dass die Vietnamesen - Kinder wie Erwachsene - Bauernopfer in der internationalen Politik der damaligen Zeit waren.
  • für die adoptierte Vietnamesin, die keine glückliche Kindheit in Australien hatte und heute in Vietnam ein Kinderheim leitet, das wiederum Kinder zur internationalen Adoption freigibt.
Der Film wirft viele Fragen auf und hebt sich positiv von dem Schwarz-weiß-Schema anderer Berichte ab.

 

Dienstag, 9. Oktober 2012

Adoptierte erzählen

Eric Breitingers Buch 'Vertraute Fremdheit' mit 16 Porträts erwachsener Adoptierter ist vor einem Jahr hier besprochen worden - s.Blog v. 19.Nov. 2011. Der Verfasser ist selbst Adoptierter und erhält in diesem Jahr für seine Arbeit den Medienpreis der Deutschen Arbeitsgemeinschaft der Kinder und Jugendhilfe, den Hermine-Albers-Preis.

Donnerstag, 27. September 2012

Die Situation von Jungen und Mädchen in Äthiopien

Unicef hat einen neuen Bericht über die Situation von Kindern in Äthiopien herausgegeben. Der Bericht ist eine bunte Mischung aus Statistiken und Einzelschicksalen und deckt eine Vielzahl von Themen wie Bildung, Kinderarbeit, Gesundheit und regionale Entwicklungen ab. Auf Seite 31 befindet sich ein Kapitel über Kinder in Pflege und internationale Adoptionen wie auch eine beunruhigende Analyse von Kinderhandel in Äthiopien.





Investing in Boys and Girls in Ethiopia: Past, Present and Future 2012

Ministry of Finance and Economic Development and the United Nations in Ethiopia

 

Children in Alternative Care

HIV and AIDS, natural disasters, severe poverty, war, internal migration and other factors, as well as the breakdown of family structures, have caused a rise in the number of children in need of alternative care. In the absence of a formal system of family-based alternatives, many such children find themselves in child care institutions. Nationally this figure is likely to be in excess of 10,000. In 2010, two assessments of institutional child care were conducted by the Ministry of Justice, together with the Ministry of Women, Children and Youth Affairs, the Charities and Societies Agency and the six regional bureaus of justice, BoLSA, BoWA, BoFED and Regional Police Commissions. The study assessed 149 child care institutions in Amhara, Oromia, SNNPR, Dire Dawa City Administration and Harar. Almost two thirds of these assessed child care institutions lack a database on children in need of alternative care. The study found that 45 per cent of the child care centres had no operating licence or their license had expired. The effect of lack of financial resources and supervision, and minimal awareness of child protection strategies, mean that institutions providing alternative care to children do not always act in the best interests of the child. There is little knowledge of, and compliance with, official guidelines and standards, and minimal supervision. Children in institutional care can be exposed to physical violence and often have psychological problems. Over 4,500 children were placed in inter-country adoption in 2009, which represents a doubling since 2006. This rapid increase in the number of inter-country adoptions has raised concerns about the best interests of the child in these cases, where Ethiopia has not ratified the Hague Convention on Inter country Adoption (1993) and there is a lack of safeguards in an unregulated system.

Child Victims of Trafficking

The International Office of Migration estimates that at least 1.2 million children are victims of trafficking in Ethiopia every year. Children and women between the ages of 8 and 24 years are the most vulnerable to such abuse and exploitation and the violence associated with them. Research also indicates that over a quarter of nearly 50,000 women and children involved in prostitution are victims of trafficking. The Criminal Code includes provisions criminalizing trafficking in women and children for the purposes of sexual or labour exploitation. Juridical persons (institutions) can also be liable for participation in the trafficking of children under article 645 of the Criminal Code. The Federal Police Department has formed an anti-trafficking task force, but most trafficking is clandestine and difficult to trace.  

Montag, 17. September 2012

Investigating the Grey Zones

The US branch of ISS - International Social Service - has published a detailed report about illegal practices in intercountry adoption. The report titled "Investigating the Grey Zones of Intercountry Adoption" covers a wide spectrum of problems ranging from Baby Farms, Child Laundering to Abduction and Forced Abandonment. It is a comprehensive overview of reported scandals and links those intelligently with international law particularly with the The Hague Convention of 1993 (THC 93). It's starting point is in fact that despite the increasing ratification of the Hague Convention about 60% of all intercountry adoptions take place in countries which are not covered by the Convention. Those countries who are covered tend not to get involved, while those countries, particular sending countries, who are involved are not covered by the convention.

While the report is certainly very useful as a documentation of widespread abuse of the system, it's overall message and approach is not as effective as it could be. A few comments can point to the problem:
  • The report aims to cover "grey zones". In fact the examples given and the themes discussed are not at all grey but clearly illegal. Document falsification, baby farming and stealing, forced abandonment are all criminal acts - even in countries with weak administrative systems where they usually take place. This is not a grey zone but rather a zone in which illegal acts are not prosecuted. Even in countries such as Ethiopia baby stealing, laundering and forced abandonment is not legal. This is a big difference because it points to potential solutions of the problem.
  • The debate about definitions of illegal adoption as child trafficking might hinder international cooperation but the act in itself - the illegal adoption - can be prosecuted even if it is not defined as child trafficking.
  • Problems of enforcement and prosecution of illegal adoption procedures point to the fact that in many sending (and sometimes receiving) countries, public authorities such as the police, courts and immigration authorities are implicated in illegal adoptions. Courts for instance processes cases which do not have sufficient paperwork; police officers report children as abandoned without searching for their families; immigration authorities give entry visa even though the adoption papers are dubious. If these public agencies were more careful in playing their roles and held accountable, much less of illegal adoption would take place.
  • The responsibility of the receiving country is downplayed in this perspective. The receiving country usually has the resources and the administrative capacity to apply the rule of law to intercountry adoptions. They should be hold accountable for the legality of the adoptions they process. Rather than pointing to weak administrations in poor countries, agencies and public authorities of receiving countries need to take on their responsibilities which their governments agreed to under THC93.
  • The money flow in ICA can be regulated by receiving countries. Fees could be monitored and agency behaviour could be controlled. It is a lack of will in receiving countries that allows easily corruptable actors and procedures to flourish.
  • Therefore there is little need to wait for THC93 to be strengthened or even applied in all sending countries. The lever for stopping abuse in the system lies squarely with the regulators in receiving countries. This is where the emphasis and spotlight should be.
Again, a great report but also a missed opportunity to identify the weaknesses of existing regulation in ICA.  

Mittwoch, 22. August 2012

Gescheiterte Adoptionen

Informationen über gescheiterte Adoptionen sind rar. Nur selten sind Betroffene bereit über das Erlebte zu sprechen und Studien zum Thema werden kaum nachgefragt. In den USA machte die Autorin Joyce Maynard im April diesen Jahres ihren Entschluss öffentlich, ihre zwei aus Äthiopien adoptierten Töchter in eine andere Familie abzugeben. Über die Gründe wurde nichts bekannt. Maynard hatte im Alter von 55 Jahren als geschiedene Mutter erwachsener Kinder zwei Mädchen, 6 und 11 Jahre alt, adoptiert. Nach etwas über einem Jahr gab sie sie in eine neue Familie ab. Es sei die schwerste Entscheidung ihres Lebens gewesen, aber manchmal gebe es einfach keine andere Lösung als die Trennung, schrieb sie auf ihrer website. Maynard wurde dafür heftig kritisiert und als Egoistin dargestellt, der es nie um die Kinder sondern immer nur um sich ging.

Ein Artikel in Today Moms  greift die Geschichte von Maynard auf, um über Erfahrungen mit gescheiterten Adoptionen zu berichten. Eine Studie in den USA geht von Abbruchquoten von 6 bis 11 Prozent aus. Je älter das Kind bei der Adoption desto höher ist die Gefahr des Scheitern. Für Kinder älter als 3 Jahre beträgt die Quote zwischen 10 und 10% und für Teenager bis zu 24%.

Ein bestimmter Typ Eltern ist eher bereit eine Adoption abzubrechen. Jüngere und unerfahrenere Eltern sowie Eltern, bei denen beide Partner berufstätig sind, geben schneller auf. Wohlhabende Eltern und besonders gut gebildete Mütter führen auch zu einer größeren Wahrscheinlichkeit, dass die Adoption scheitert. Man vermutet, dass beruflich erfolgreiche Eltern eine geringere Toleranzschwelle für ihre Kinder haben.

Was passiert bei einer gescheiterten Adoption? Wenn das Kind bereits rechtskräftig adoptiert ist, ist es mit einer Abgabe eines leiblichen Kindes gleichzusetzen. Eine Rückkehr in das Heimatland des Kindes ist bei internationalen Adoptionen nicht vorgesehen, obwohl es mehrere Fälle davon gibt - sowohl in Äthiopien als auch in anderen Ländern.

Eine gescheiterte Adoption ist für Eltern und Kind sehr schmerzhaft. Ihr gehen oft Therapien und andere Lösungsversuche voraus. Manche Kinder sind zu traumatisiert, um sich in eine Familie einzugliedern. Manche Eltern sind zu unerfahren, um mit schwierigen Kindern umzugehen. Dennoch trägt das Kind die größere Last. Für das Kind es die zweite große Ablehnung, die es in seinem Leben erfährt. Wir wünschen den Töchtern von Joyce Maynard alles Gute in ihrer neuen Familie.

 

Dienstag, 21. August 2012

Meles Zenawi verstorben

Nach Berichten der BBC ist Meles Zenawi, Premierminister von Äthiopien, in Brüssel im Alter von 57 Jahren verstorben. Über seine Krankheit war seit Wochen spekuliert worden, nachdem er im Juli bereits nicht mehr öffentlich aufgetreten war.

Meles Zenawi kam 1991 durch einen Putsch gegen den kommunistischen Machthaber Mengistu Haile Mariam an die Macht. Nachdem er in den neunziger Jahren Äthiopien gegenüber dem Westen geöffnet hatte, waren die letzten Jahre von zunehmender politischer Repression in Äthiopien geprägt. Er war ein enger Verbündeter der USA und verhandelte hunderte Millionen Dollar Hilfeleistung im Gegenzug für die Errichtung amerikanischer Militärstützpunkte im Horn von Afrika.

Ein Nachruf der BBC findet man hier.

Sonntag, 19. August 2012

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Ein Bekannter, Engländer, der lange in Westafrika gelebt und dort als Lehrer gearbeitet hat, erzählt:

In Kamerun hat mir einmal jemand etwas anvertraut. "Wir Afrikaner, vor allem, wenn wir auf dem Land leben, haben praktisch keine Privatsphäre. Wir teilen den Raum mit der Familie, die Wände sind dünn, und wenn wir ins Freie treten, ist da gleich das ganze Dorf.
Glaub mir, jeder von uns hat darum ein fest abgeschlossenes Inneres, in das er keinem Menschen Einblick gewährt, keinem. Du kommst bei uns schnell mit Leuten in Kontakt, du kannst Freunde finden, Beziehungen begründen, aber niemand wird sich dir eröffnen, so wie du es vielleicht aus Europa kennst. Wie es im eignenen Innern aussieht, geht niemanden etwas an. Mehr sage ich Dir dazu nicht."

Wenn das so stimmt und verallgemeinerbar ist, wie sollen dann z.B. unsere (redebasierten) Therapien bei traumatisierten Kindern greifen? Wie kann sich trotzdem Bindung entwicklen, wie Vertrauen einstellen? Oder ist solch eine Weisheit nur eine Dämonisierungsform, um so wirkmächtiger, je mehr Phänomene (z.B. die Prüderie afrikanischer Gesellschaften) sie zu erklären behauptet?

Dienstag, 24. Juli 2012

Sind illegale Adoptionen Kinderhandel? Aufarbeitung und Ermittlungen in Sierra Leone

 Michaela DePrince, vielversprechende Ballettänzerin aus den USA, wurde während des Bürgerkriegs in Sierra Leone aus einem Waisenhaus mit dem Namen HANCI adoptiert. Das Waisenhaus wird seit Jahren beschuldigt, Kinder ohne Einwilligung ihrer Eltern zur Adoption freigegeben zu haben.

Die Voice of America berichtet über die Bemühungen der betroffenen Eltern, ihre Kinder zurückzubekommen. Sie sagen, sie hätten ihre Kinder vorübergehend bei HANCI,  Help A Needy Child International Center, zurückgelassen. HANCI hat daraufhin die Kinder über Maine Adoption Placement Services in die USA vermittelt.

Die Betreiber von HANCI werden jetzt gerichtlich belangt. Ein ähnliches Verfahren wurde bereits 2004 angestrebt aber aufgrund fehlender Beweise eingestellt. Nun werden neue Ermittlungen der Polizei auf Drängen der Eltern durchgeführt. Der Vermittlungsstelle und dem Kinderheim wird Menschenhandel in 32 Fällen vorgeworfen.

Eine Frage ist dabei auch, ob illegale Adoptionen den Tatbestand des Kinderhandels erfüllen. Nach der Ansicht amerikanischer Vermittlungsstellen und der amerikanischer Regierung ist dem nicht so. Danach beinhaltet die Definition von Kinderhandel zwingend eine Form der Ausbeutung. Janet Nickel, Mitarbeiterin eines Anti-Kinderhandelsprojekts von World Hope International sagt dazu: "If there's no exploitation, if it's not for criminal purpose, it doesn't fit the definition of child trafficking."

Das deutsche Strafrecht sieht das anders. Hier ist die Überlassung eines Kindes gegen ein Entgelt wie auch unbefugte Adoptionsvermittlung strafbar.  Eine Ausbeutung des Kindes ist dafür keine Voraussetzung.

Der nächste Verhandlungstermin vor Gericht ist der 10. August 2012. 

Samstag, 21. Juli 2012

Letzte unabhängige Zeitung in Äthiopien suspendiert

Wie das Addis Journal berichtet, haben die äthiopischen Behörden die Auslieferung der neuen Ausgabe der letzte unabhängige Wochenzeitung Fitih gestoppt. Der Herausgeber, Temesgen Desalegn, weigerte sich einen Aufmacherartikel über die Erkrankung von Premierminister Meles Zenawi aus dem Blatt zu nehmen. Daraufhin wurde die Zeitung vom Justizministerium suspendiert und die Ausgabe liegt im Lager der Druckerei. Nachdem mehrere unabhängige Zeitungen in den letzten Monaten geschlossen wurden, war Fitih die letzte regierungskritische Zeitung. Gegen sie sind 30 Verfahren der Staatsanwaltschaft anhängig. Unter der Antiterrorismusgesetzgebung vom letzten Jahr wurden fast 200 regierungskritische Aktivisten, Journalisten und Politiker verhaftet.

In einer früheren Meldung berichtete das Addis Journal von einem Krankenhausaufenthalt von Premierminister Meles Zenawi in Brüssel. Während ein nicht genannter Diplomat von einer schwerwiegenden Erkrankung sprach, wurde dies von dem Regierungssprecher zurückgewiesen. Zenawi, der seit 1991 in Äthiopien an der Macht ist, nahm auch nicht an dem Gipfeltreffen der Afrika Union letzte Woche teil.

Donnerstag, 19. Juli 2012

Michaela DePrince

Der Guardian berichtete am Montag über Michaela DePrince; eine adoptierte Kriegswaise aus Sierra Leone, die nächste Woche ihr Debut als professionelle Ballettänzerin in LeCorsair in Johannisburg, Südafrika hat. Der Bericht über ihr Leben ist so bewegend wie ihr Tanz, den es auf verschiedenen Filmen auf Youtube zu sehen gibt. Mit drei Jahren kam ihr Vater im Bürgerkrieg in Sierra Leone ums Leben. Die Mutter und Brüder starben ebenfalls. Der Onkel brachte sie in ein Waisenhaus, in dem sie aufgrund einer Pigmentfärbung ihrer Haut als Teufelskind beschimpft und mißhandelt wurde. Sie fand ein Titelbild einer Zeitschrift mit einer Ballettänzerin und war fasziniert.
"It was kind of strange because she looked so beautiful and so happy, and so I ripped the cover off and I tucked it into my underwear. I kept looking at it every single night and just dreaming that if I came to America I want to look exactly like this person."
Ihr Traum wurde wahr, denn sie wurde von amerikanischen Adoptiveltern gemeinsam mit zwei anderen Mädchen aus dem Waisenhaus adoptiert. Ihre Adoption war zunächst nicht vorgesehen sondern geschah nach Angaben der Mutter nur weil sie den gleichen Namen wie eines der anderen Mädchen und aufgrund ihrer Hautkrankheit nur geringe Chancen auf eine Adoption hatte. Man fragte die Mutter, ob sie nicht beide Mädchen haben wolle und sie sagte ja.

In Amerika angekommen verfolgte sie ihr Ziel zu tanzen von klein auf. Heute hat sie eine Ausbildung von der Jacqueline Kennedy Onassis School des American Ballet Theatre in New York und ein Engagement am Dance Theatre in Harlem.

Michaela DePrince 

Aber auch heute hat sie noch mit Diskriminierung und Rassismus zu kämpfen. Es gibt im Ballet große Vorbehalte gegen afroamerikanische Tänzerinnen, deren Körper häufig kräftiger ist. Auch sind die Stereotypen für Rollenbesetzungen für weiße Tänzerinnen noch weit verbreitet.


Michaelas Geschichte ist eine in einer ganzen Reihe erfolgreicher Adoptierter aus Afrika wie z.B dem italienischen Fußballnationalspieler Mario Balotelli aus Ghana und dem Koch und Restaurantbesitzer Markus Samuelsson aus Äthiopien. Es ist der Stoff aus dem Märchen sind.

Dienstag, 17. Juli 2012

Mythos Privatadoption

In der neuesten Ausgabe von VIA Adoption vom Verband Internationaler Adoptivfamilien e.V. ist ein lesenswertes Interview mit Claudia Flynn vom Zentrum Bayern Familie und Soziales - Bayerisches Landesjugendamt zu finden. Es geht insbesondere um Privatadoptionen. Frau Flynn macht in erfreulicher Deutlichkeit folgende Aussagen zum Thema:
  • Alle internationalen Adoptionen von in Deutschland lebenden Personen, die nicht über eine Vermittlungsstelle erfolgen, sind illegal. Das gilt auch für Paare, die ein Kind in den USA adoptieren und mit diesem Kind zurückkommen. Diese Vorgehensweise ist nicht legal, wenn auch derzeit nicht strafrechtlich sanktioniert.
  • Es gibt derzeit Überlegungen, dieser Form der Privatadoption noch stärker den Riegel vorzuschieben.
  • Deutsche Familien, die schon seit Jahren im Ausland leben und dort nach nationalen Gesetzen ein Kind adoptieren, sind davon ausgenommen. Diese Familien müssen jedoch bei einer Rückkehr nach Deutschland einen Antrag beim Berliner Amtsgericht auf Anerkennung der Adoption stellen.
  • Wenn bei einer internationalen Adoption jegliche Prüfung von Kindeswohlinteressen fehlt, wird ein deutsches Gericht sie nicht anerkennen.
  • Wenn ein Gericht die Adoption nicht anerkennt, dann lebt das Kind in der Familie wie ein Pflegekind. Es besteht das Risiko der Rückführung; insbesondere dann wenn es den leiblichen Eltern unrechtmäßig entzogen wurde. Das gilt selbst dann, wenn eine Nachadoption stattgefunden hat.
  • Das Landesjugendamt beteiligt sich nicht an Verfahren, wenn Eltern mit privat adoptierten Kinder an der Visumsvergabe scheitern und dann nachträglich nach deutschem Recht adoptieren wollen.
  • Das Bundesjustizamt geht davon aus, dass immer noch ein Drittel bis die Hälfte aller Adoptionen Privatadoptionen sind.

Das Heft kann über folgende Adresse bezogen werden: info@adoptivfamilien.org

Dienstag, 3. Juli 2012

Aufruf zur Petition gegen "Racial Profiling"

Ein Aufruf zum Unterzeichnen einer Petition gegen Racial Profiling macht derzeit im Netz die Runde. Die Petition läuft noch bis zum 20. Juli und wird bereits von über 11.000 Unterzeichnern unterstützt.

Gegenstand der Petition ist ein Gerichtsurteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom Februar diesen Jahres, das Ausweiskontrollen der Politzei aufgrund der Hautfarbe von Reisenden legitimiert und rechtfertigt. In dem vorliegenden Fall wurde ein deutscher Zugreisender aufgrund seiner Hautfarbe von der Bundespolizei auf der Strecke Kassel - Frankfurt am Main aufgefordert sich auszuweisen. Basierend auf bisherigen Rassismuserfahrungen bei Bahnreisen, weigerte sich der Kläger seine Papiere vorzuzeigen und wurde deshalb auf das Revier mitgenommen. Die Bundespolizei zeigte den Mann wegen Beamtenbeleidigung an. Im Verfahren gegen ihn gaben die Beamten bereits zu Protokoll, den Mann aufgrund seiner Hautfarbe gezielt kontrolliert zu haben, da sie den Deutschen für einen ohne Papiere nach Deutschland Einreisenden hielten. In Folge wollte der Mann gegen die diskriminierende Praxis klagen, sein Anliegen wurde jedoch vor Gericht abgewiesen.



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Die Petition, die von Carla Smith aus München initiiert wurde, richtet sich an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages und fordert das Folgende:

"Das Urteil des Koblenzer Verwaltungsgerichts vom 28. Februar widerspricht dem Grundgesetz!
Nicht nur wird damit zum ersten Mal eingestanden, dass die Praxis des „Racial-Profiling“ in Deutschland von Polizeibeamten angewandt wird, dieses Vorgehen erhält durch das Urteil auch noch eine Legitimation.
Wir, die Erstunterzeichner_innen, verurteilen die Entscheidung des Gerichts auf das Schärfste und fordern:
• Die Revision des Urteils vom 28. Februar 2012 zu „Racial Profiling“
• Die Einführung eines verpflichtenden Anti-Rassismus Trainings, das sich tatsächlich mit Rassismus und nicht nur mit euphemistischen Begrifflichkeiten wie Fremdenfeindlichkeit und Ausländerfeindlichkeit befasst, für ALLE Polizist_innen und Polizeischüler_innen
• Eine Meldepflicht aller Rassismus Vorwürfe gegenüber der Poizei, die von einer unabhängigen, von geschultem Fachpersonal besetzten Stelle geprüft und archiviert werden
• Die Überarbeitung des AGG anhand der europäischen Antirassismus Richtlinien, da dieses derzeit zu viele Ausnahmereglungen beinhaltet und daher in vielen Diskriminierungsfällen nicht greift."
Aus der Begründung: 

"Das Verwaltungsgericht in Koblenz hat mit seiner Entscheidung, die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland und die Bundespolizei zurückzuweisen, Schwarze Menschen und People of Color in Deutschland, mit und ohne deutsche Staatsbürgerschaft, zu Verdächtigen erklärt. Es entsteht eine diskriminierende Situation für einen Großteil der in Deutschland lebenden Menschen. Mit jeder Kontrolle werden Menschen „ausländischen Aussehens“ (so der Wortlaut der Polizei) daran erinnert, dass sie als nicht-zugehörig zur Gesellschaft bzw. als mögliche Straftäter_innen identifiziert werden. Bundespolizist_innen haben von nun an eine Rechtsgrundlage mit der sie rassistische und diskriminierende Denkmuster und Vorgehensweisen rechtfertigen können. Das Urteil trägt außerdem in großem Maße dazu bei, die veraltete Auffassung zu bekräftigen, dass die Deutschen eine homogene Gruppe seien. Die systematische Kriminalisierung von Menschen aufgrund äußerlicher (unveränderbarer) Merkmale hat in Deutschland eine lange Tradition, derer man sich bewusst sein muss und dies allein sollte schon Warnung genug sein.
 
Des Weiteren haben internationale- und europäische Gremien wie der UN- Menschenrechtsausschuss, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und die Europäische Grundrechteagentur eindeutig festgestellt, dass Personenkontrollen und Identitätsfeststellungen, die allein oder wesentlich auf Kriterien wie der zugeschriebenen „ethnischen“ Zugehörigkeit oder “Hautfarbe” einer Person basieren, gegen das Verbot rassistischer Diskriminierung verstoßen."

Freitag, 29. Juni 2012

Australien schließt Adoptionsprogramm mit Äthiopien

Die amerikanische Elternorganisation PEAR berichtet, dass die australische Regierung ihr äthiopisches Adoptionsprogramm am 28.06.2012 geschlossen hat. Sie gibt als Begründung die andauernde Unsicherheit, Komplexität und Unvorhersehbarkeit der Situation in Äthiopien an.

Closure of Ethiopia Program - June 2012
Current as at – 28 June 2012
Key points:

  • Australia has closed its intercountry adoption program with Ethiopia, following several years of issues with the Program, a suspension of all adoptions between 2009 and early 2010, as well as long waits and uncertainty for Australian prospective adoptive parents.
  • The Australian Government has taken this difficult decision, in consultation with State and Territory Central Authorities.
  • The best interests and rights of children are the most important consideration for intercountry adoption programs.
  • The adoption environment in Ethiopia has become increasingly unpredictable, complex and uncertain, leaving many prospective Australian parents in limbo for years.
  • The Government has concluded that this uncertainty, combined with obstacles to operating the Program in a sustainable and ethical way into the future, means the Program needs to be closed.
  • The Australian Government has decided to close the Program at this time because it will not impact on any individual Ethiopian children as there are none currently referred to the Program.
  • The Australian Government will continue to support Ethiopia in ensuring that the rights of Ethiopian children are protected.
  • The Australian Government will also continue to support children adopted from Ethiopia and their families in maintaining their cultural links with Ethiopia.
  • Prospective adoptive parents who have paid fees to the Program will have their fees refunded in full. State and Territory Central Authorities will provide advice in relation to whether fees paid to them can be refunded.

Program update
The Ethiopia Program has consistently been Australia’s most complex and challenging program. Information gathered during the April/May 2012 delegation visit confirmed the significant challenges facing the Program.

Growing use of alternative forms of care for children in Ethiopia
Ethiopian children in need increasingly have alternative long-term care options made available to them in Ethiopia.
The Australian Government supports the Ethiopian Government’s efforts to pursue the best interests of their children by facilitating domestic adoptions, long-term foster care arrangements and assisting families in crisis.
Unfortunately for prospective adoptive parents outside Ethiopia, this means that it is likely that there will be fewer children referred for intercountry adoption. This makes the adoption environment challenging and unpredictable, resulting in lengthening waiting times and uncertainty in the adoption process.

Changes regarding children in need of adoption and increasing costs
Growing numbers of non-government adoption agencies operating in Ethiopia, and the closure of orphanages due to greater government scrutiny, has led to increased competition for referrals of Ethiopian children to intercountry adoption programs.
This environment makes it difficult for Australia’s Program to continue to operate in a sustainable and ethical manner.
Despite the best endeavours of the Program to manage its community development projects so that they meet both Ethiopian Government requirements and Australian Government standards, the changing environment will make this increasingly problematic in the future, placing additional strain on Program and Government resources.
The Australian Government is confident that, to date, the Program has operated in an ethical manner and it has no concerns in relation to children referred to the Program and adopted by Australian adoptive parents.
Rising costs for adoption program essentials (such as food and accommodation) mean that, if the program was to continue, prospective parents would also face increasing costs.

Arrangements with Service Provider
The Program and its service provider, Wide Horizons for Children, have come to the view that the changing conditions in Ethiopia mean that the volume of intercountry adoptions initially anticipated at the commencement of the arrangement is unlikely to be achieved.
Wide Horizons for Children has also advised that, in light of these changing circumstances, it has decided to partially reallocate its resources and shift more focus from adoptions to its humanitarian activities in Ethiopia.

As a result, the Program and Wide Horizons for Children have agreed to end their arrangement. Given the other issues confronting the Program, Australia will not replace the role of Wide Horizons for Children within the Program.

Donnerstag, 28. Juni 2012

Äthiopische Journalisten und Oppositionelle zu lebenslanger Haft verurteilt

Nach Presseberichten wurden Eskinder Nega, ein prominenter Journalist und Blogger, und Andualem Arage, ein Oppositionspolitiker, mit 22 anderen Äthiopiern zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Die Angeklagten wurden des Terrorismus schuldig gesprochen. Unter den Antiterrorgesetzen können Angeklagte auch zum Tode verurteilt werden.

Eskiner und Andualem wurden der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und der Planung terroristischer Anschläge beschuldigt. Andualem wurde auch als Anführer einer terroristischen Vereinigung verurteilt.

Eskinder wurde letztes Jahr verhaftet, nachdem er in einem Artikel den Einfluss des arabischen Frühlings auf Äthiopien thematisierte und die Verhaftung von Äthiopiern nach den Antiterrorgesetzen infrage stellte.

Im Mai war Eskinder Nega mit dem "Freedom to Write" Preis von Pen America ausgezeichnet worden.