Dienstag, 24. Juli 2012

Sind illegale Adoptionen Kinderhandel? Aufarbeitung und Ermittlungen in Sierra Leone

 Michaela DePrince, vielversprechende Ballettänzerin aus den USA, wurde während des Bürgerkriegs in Sierra Leone aus einem Waisenhaus mit dem Namen HANCI adoptiert. Das Waisenhaus wird seit Jahren beschuldigt, Kinder ohne Einwilligung ihrer Eltern zur Adoption freigegeben zu haben.

Die Voice of America berichtet über die Bemühungen der betroffenen Eltern, ihre Kinder zurückzubekommen. Sie sagen, sie hätten ihre Kinder vorübergehend bei HANCI,  Help A Needy Child International Center, zurückgelassen. HANCI hat daraufhin die Kinder über Maine Adoption Placement Services in die USA vermittelt.

Die Betreiber von HANCI werden jetzt gerichtlich belangt. Ein ähnliches Verfahren wurde bereits 2004 angestrebt aber aufgrund fehlender Beweise eingestellt. Nun werden neue Ermittlungen der Polizei auf Drängen der Eltern durchgeführt. Der Vermittlungsstelle und dem Kinderheim wird Menschenhandel in 32 Fällen vorgeworfen.

Eine Frage ist dabei auch, ob illegale Adoptionen den Tatbestand des Kinderhandels erfüllen. Nach der Ansicht amerikanischer Vermittlungsstellen und der amerikanischer Regierung ist dem nicht so. Danach beinhaltet die Definition von Kinderhandel zwingend eine Form der Ausbeutung. Janet Nickel, Mitarbeiterin eines Anti-Kinderhandelsprojekts von World Hope International sagt dazu: "If there's no exploitation, if it's not for criminal purpose, it doesn't fit the definition of child trafficking."

Das deutsche Strafrecht sieht das anders. Hier ist die Überlassung eines Kindes gegen ein Entgelt wie auch unbefugte Adoptionsvermittlung strafbar.  Eine Ausbeutung des Kindes ist dafür keine Voraussetzung.

Der nächste Verhandlungstermin vor Gericht ist der 10. August 2012. 

Samstag, 21. Juli 2012

Letzte unabhängige Zeitung in Äthiopien suspendiert

Wie das Addis Journal berichtet, haben die äthiopischen Behörden die Auslieferung der neuen Ausgabe der letzte unabhängige Wochenzeitung Fitih gestoppt. Der Herausgeber, Temesgen Desalegn, weigerte sich einen Aufmacherartikel über die Erkrankung von Premierminister Meles Zenawi aus dem Blatt zu nehmen. Daraufhin wurde die Zeitung vom Justizministerium suspendiert und die Ausgabe liegt im Lager der Druckerei. Nachdem mehrere unabhängige Zeitungen in den letzten Monaten geschlossen wurden, war Fitih die letzte regierungskritische Zeitung. Gegen sie sind 30 Verfahren der Staatsanwaltschaft anhängig. Unter der Antiterrorismusgesetzgebung vom letzten Jahr wurden fast 200 regierungskritische Aktivisten, Journalisten und Politiker verhaftet.

In einer früheren Meldung berichtete das Addis Journal von einem Krankenhausaufenthalt von Premierminister Meles Zenawi in Brüssel. Während ein nicht genannter Diplomat von einer schwerwiegenden Erkrankung sprach, wurde dies von dem Regierungssprecher zurückgewiesen. Zenawi, der seit 1991 in Äthiopien an der Macht ist, nahm auch nicht an dem Gipfeltreffen der Afrika Union letzte Woche teil.

Donnerstag, 19. Juli 2012

Michaela DePrince

Der Guardian berichtete am Montag über Michaela DePrince; eine adoptierte Kriegswaise aus Sierra Leone, die nächste Woche ihr Debut als professionelle Ballettänzerin in LeCorsair in Johannisburg, Südafrika hat. Der Bericht über ihr Leben ist so bewegend wie ihr Tanz, den es auf verschiedenen Filmen auf Youtube zu sehen gibt. Mit drei Jahren kam ihr Vater im Bürgerkrieg in Sierra Leone ums Leben. Die Mutter und Brüder starben ebenfalls. Der Onkel brachte sie in ein Waisenhaus, in dem sie aufgrund einer Pigmentfärbung ihrer Haut als Teufelskind beschimpft und mißhandelt wurde. Sie fand ein Titelbild einer Zeitschrift mit einer Ballettänzerin und war fasziniert.
"It was kind of strange because she looked so beautiful and so happy, and so I ripped the cover off and I tucked it into my underwear. I kept looking at it every single night and just dreaming that if I came to America I want to look exactly like this person."
Ihr Traum wurde wahr, denn sie wurde von amerikanischen Adoptiveltern gemeinsam mit zwei anderen Mädchen aus dem Waisenhaus adoptiert. Ihre Adoption war zunächst nicht vorgesehen sondern geschah nach Angaben der Mutter nur weil sie den gleichen Namen wie eines der anderen Mädchen und aufgrund ihrer Hautkrankheit nur geringe Chancen auf eine Adoption hatte. Man fragte die Mutter, ob sie nicht beide Mädchen haben wolle und sie sagte ja.

In Amerika angekommen verfolgte sie ihr Ziel zu tanzen von klein auf. Heute hat sie eine Ausbildung von der Jacqueline Kennedy Onassis School des American Ballet Theatre in New York und ein Engagement am Dance Theatre in Harlem.

Michaela DePrince 

Aber auch heute hat sie noch mit Diskriminierung und Rassismus zu kämpfen. Es gibt im Ballet große Vorbehalte gegen afroamerikanische Tänzerinnen, deren Körper häufig kräftiger ist. Auch sind die Stereotypen für Rollenbesetzungen für weiße Tänzerinnen noch weit verbreitet.


Michaelas Geschichte ist eine in einer ganzen Reihe erfolgreicher Adoptierter aus Afrika wie z.B dem italienischen Fußballnationalspieler Mario Balotelli aus Ghana und dem Koch und Restaurantbesitzer Markus Samuelsson aus Äthiopien. Es ist der Stoff aus dem Märchen sind.

Dienstag, 17. Juli 2012

Mythos Privatadoption

In der neuesten Ausgabe von VIA Adoption vom Verband Internationaler Adoptivfamilien e.V. ist ein lesenswertes Interview mit Claudia Flynn vom Zentrum Bayern Familie und Soziales - Bayerisches Landesjugendamt zu finden. Es geht insbesondere um Privatadoptionen. Frau Flynn macht in erfreulicher Deutlichkeit folgende Aussagen zum Thema:
  • Alle internationalen Adoptionen von in Deutschland lebenden Personen, die nicht über eine Vermittlungsstelle erfolgen, sind illegal. Das gilt auch für Paare, die ein Kind in den USA adoptieren und mit diesem Kind zurückkommen. Diese Vorgehensweise ist nicht legal, wenn auch derzeit nicht strafrechtlich sanktioniert.
  • Es gibt derzeit Überlegungen, dieser Form der Privatadoption noch stärker den Riegel vorzuschieben.
  • Deutsche Familien, die schon seit Jahren im Ausland leben und dort nach nationalen Gesetzen ein Kind adoptieren, sind davon ausgenommen. Diese Familien müssen jedoch bei einer Rückkehr nach Deutschland einen Antrag beim Berliner Amtsgericht auf Anerkennung der Adoption stellen.
  • Wenn bei einer internationalen Adoption jegliche Prüfung von Kindeswohlinteressen fehlt, wird ein deutsches Gericht sie nicht anerkennen.
  • Wenn ein Gericht die Adoption nicht anerkennt, dann lebt das Kind in der Familie wie ein Pflegekind. Es besteht das Risiko der Rückführung; insbesondere dann wenn es den leiblichen Eltern unrechtmäßig entzogen wurde. Das gilt selbst dann, wenn eine Nachadoption stattgefunden hat.
  • Das Landesjugendamt beteiligt sich nicht an Verfahren, wenn Eltern mit privat adoptierten Kinder an der Visumsvergabe scheitern und dann nachträglich nach deutschem Recht adoptieren wollen.
  • Das Bundesjustizamt geht davon aus, dass immer noch ein Drittel bis die Hälfte aller Adoptionen Privatadoptionen sind.

Das Heft kann über folgende Adresse bezogen werden: info@adoptivfamilien.org

Dienstag, 3. Juli 2012

Aufruf zur Petition gegen "Racial Profiling"

Ein Aufruf zum Unterzeichnen einer Petition gegen Racial Profiling macht derzeit im Netz die Runde. Die Petition läuft noch bis zum 20. Juli und wird bereits von über 11.000 Unterzeichnern unterstützt.

Gegenstand der Petition ist ein Gerichtsurteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom Februar diesen Jahres, das Ausweiskontrollen der Politzei aufgrund der Hautfarbe von Reisenden legitimiert und rechtfertigt. In dem vorliegenden Fall wurde ein deutscher Zugreisender aufgrund seiner Hautfarbe von der Bundespolizei auf der Strecke Kassel - Frankfurt am Main aufgefordert sich auszuweisen. Basierend auf bisherigen Rassismuserfahrungen bei Bahnreisen, weigerte sich der Kläger seine Papiere vorzuzeigen und wurde deshalb auf das Revier mitgenommen. Die Bundespolizei zeigte den Mann wegen Beamtenbeleidigung an. Im Verfahren gegen ihn gaben die Beamten bereits zu Protokoll, den Mann aufgrund seiner Hautfarbe gezielt kontrolliert zu haben, da sie den Deutschen für einen ohne Papiere nach Deutschland Einreisenden hielten. In Folge wollte der Mann gegen die diskriminierende Praxis klagen, sein Anliegen wurde jedoch vor Gericht abgewiesen.



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Die Petition, die von Carla Smith aus München initiiert wurde, richtet sich an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages und fordert das Folgende:

"Das Urteil des Koblenzer Verwaltungsgerichts vom 28. Februar widerspricht dem Grundgesetz!
Nicht nur wird damit zum ersten Mal eingestanden, dass die Praxis des „Racial-Profiling“ in Deutschland von Polizeibeamten angewandt wird, dieses Vorgehen erhält durch das Urteil auch noch eine Legitimation.
Wir, die Erstunterzeichner_innen, verurteilen die Entscheidung des Gerichts auf das Schärfste und fordern:
• Die Revision des Urteils vom 28. Februar 2012 zu „Racial Profiling“
• Die Einführung eines verpflichtenden Anti-Rassismus Trainings, das sich tatsächlich mit Rassismus und nicht nur mit euphemistischen Begrifflichkeiten wie Fremdenfeindlichkeit und Ausländerfeindlichkeit befasst, für ALLE Polizist_innen und Polizeischüler_innen
• Eine Meldepflicht aller Rassismus Vorwürfe gegenüber der Poizei, die von einer unabhängigen, von geschultem Fachpersonal besetzten Stelle geprüft und archiviert werden
• Die Überarbeitung des AGG anhand der europäischen Antirassismus Richtlinien, da dieses derzeit zu viele Ausnahmereglungen beinhaltet und daher in vielen Diskriminierungsfällen nicht greift."
Aus der Begründung: 

"Das Verwaltungsgericht in Koblenz hat mit seiner Entscheidung, die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland und die Bundespolizei zurückzuweisen, Schwarze Menschen und People of Color in Deutschland, mit und ohne deutsche Staatsbürgerschaft, zu Verdächtigen erklärt. Es entsteht eine diskriminierende Situation für einen Großteil der in Deutschland lebenden Menschen. Mit jeder Kontrolle werden Menschen „ausländischen Aussehens“ (so der Wortlaut der Polizei) daran erinnert, dass sie als nicht-zugehörig zur Gesellschaft bzw. als mögliche Straftäter_innen identifiziert werden. Bundespolizist_innen haben von nun an eine Rechtsgrundlage mit der sie rassistische und diskriminierende Denkmuster und Vorgehensweisen rechtfertigen können. Das Urteil trägt außerdem in großem Maße dazu bei, die veraltete Auffassung zu bekräftigen, dass die Deutschen eine homogene Gruppe seien. Die systematische Kriminalisierung von Menschen aufgrund äußerlicher (unveränderbarer) Merkmale hat in Deutschland eine lange Tradition, derer man sich bewusst sein muss und dies allein sollte schon Warnung genug sein.
 
Des Weiteren haben internationale- und europäische Gremien wie der UN- Menschenrechtsausschuss, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und die Europäische Grundrechteagentur eindeutig festgestellt, dass Personenkontrollen und Identitätsfeststellungen, die allein oder wesentlich auf Kriterien wie der zugeschriebenen „ethnischen“ Zugehörigkeit oder “Hautfarbe” einer Person basieren, gegen das Verbot rassistischer Diskriminierung verstoßen."